Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) verfehlt das Ziel, das Laufbahnrecht der Beamtinnen und Beamten zu reformieren. Es missachtet dabei insbesondere die laufbahnrechtlichen Aufträge aus dem geltenden Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die Einstellungsvoraussetzungen in Richtung praktischer Berufserfahrungen sollten flexibilisiert sowie gleichwertige berufliche Qualifikationen im öffentlichen Dienst anerkannt werden.
In einem Ergebnisbericht zur Evaluation des laufbahnrechtlichen Instrumentariums im Bereich „Einstellung“ und „Weiterentwicklung“ stellt sich das BMI vielmehr auf den Standpunkt, dass das bestehende Laufbahnrecht des Bundes bereits ausreichend flexibel sei, um hochqualifiziertes Personal einstellen zu können. Dies gelte insbesondere auch für Seiteneinsteiger. Auch nach der Einstellung gebe es zahlreiche Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung, insbesondere die verschiedenen Aufstiegsverfahren in die nächsthöhere Laufbahn.
Eine weitere Flexibilisierung der Einstellungsvoraussetzungen in Richtung praktischer Berufserfahrungen wird hingegen abgelehnt. Aus fachlicher Sicht könne nach umfassender Prü-fung eine generelle Zulassung aller Abschlüsse der beruflichen Fortbildung für die Laufbahnen des gehobenen bzw. des höheren Dienstes nicht erfolgen. Eine umfassende laufbahnrechtliche Gleichwertigkeit hinsichtlich der erforderlichen fachlichen und sozialen Kompetenzen bei beruflicher Fortbildung und Bachelor und Master sei nicht gegeben, so das BMI.
Lediglich in den Laufbahnen des technischen und naturwissenschaftlichen gehobenen Dienstes soll hingegen wegen Fachkräftebedarfs ein begrenzter Sonderzugang für Personen mit Abschlüssen der beruflichen Fortbildung „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ geschaffen werden, wenn zusätzliche Zeiten beruflicher Erfahrung vorliegen. Mit dieser „Kann-Regelung“ erfolge laut BMI eine sach- und bedarfsgerechte Umsetzung des Koalitionsvertrages.
Dem ist klar zu widersprechen!
Ungeachtet des von ver.di geforderten und zu begrüßenden Sonderzugangs für Personen mit Abschlüssen der beruflichen Fortbildung „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ in einzelnen Laufbahnen bleibt die Maßnahme weit hinter den Anforderungen des Koalitionsvertrags und der Praxis zurück.
Besonders enttäuschend ist, dass das BMI die Gleichwertigkeit von beruflichen Qualifikationen ge-nerell in Frage stellt. Vor allem, da der „Bachelor Pro-fessional“ und der „Master Professional“ mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetztes im Jahre 2020 ins Leben gerufen wurden, um die Gleichwer-tigkeit von akademischen und beruflichen Abschlüs-sen hervorzuheben und sich beide auf dem gleichen DQR-Niveau, wie die hochschulischen Abschlüsse „Bachelor“ und „Master“ befinden. Diese rigorose Ablehnung durch das BMI ist deshalb unverständlich. Damit werden notwendige Verbesserungen im Lauf-bahnrecht durch das BMI verhindert.
ver.di setzt sich hingegen seit Langem für die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung ein. Die berufliche Qualifizierung ist die Basis für die laufbahnrechtliche Entwicklung der Beamt*innen. Für die Vorbildung bedeutet dies eine weitgehende Öffnung der Laufbahnen für alle einschlägig ausgebildeten Bewerber*innen. Dabei sollte es bei der Einstellung von Beamt*innen insbesondere auf die tatsächlich erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten und weniger auf rein formale Kriterien wie akademische Abschlüsse ankommen.
Das BMI hat angekündigt, in den nächsten Monaten auf Basis der Ergebnisse des Evaluationsberichts einen Referentenentwurf für eine Änderung der Bundeslaufbahnverordnung vorzulegen. ver.di wird sich in einem solchen Beteiligungsverfahren nachdrücklich für weitere notwendige Verbesserungen im Laufbahnrecht einsetzen.
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